Der WDR-Computerclub


 (Man sieht das hell erleuchtete Podium in der Mitte des WDR-Fernsehstudios.
 An der Wand dahinter prangt das gelb-verwaschene "Computerclub"-Logo; rund
 um die Mitte des Raumes stehen Tische, auf denen wassergekühlte Pentium-
 PC`s stehen, auf denen der Windows-Bildschirmschoner flackert. Wolfgang &
 Wolfgang, auch bekannt als Dick (Wolfgang 2) & Doof (Wolfgang 1) , sitzen
 in den Bürostühlen auf dem Podium und sortieren nervös ihre Spick-Zettel.)


 Doof (schielend):"Hallo Wolfgang!"

 Dick:"Hallo Wolfgang!"

 Doof:"Sag' mal, Wolfgang, Du warst doch sicher auf der CeBit?"

 (Dick reibt sich den Rauschebart)

 Dick:"Ja, toll dass Du es erwähnst, Wolfgang, ich war tatsächlich da. Und
       ich habe ganz tolle Sachen mitgebracht."

 Doof:"Super, Wolfgang. Aber erzähl' doch mal, war es voll auf der CeBit?"

 Dick:"Aber natürlich war es voll, Wolfgang. Die diesjährige Messe hatte
       über 650.000 Besucher, das sind fast die Hälfte mal das Doppelte
       mehr als letztes Jahr."

 Doof:"Na sensationell. Was gab es denn an besonderen Neuigkeiten zu
       vermelden? Ist der neue 486DX-12 schon erhältlich; oder setzt man
       bei Intel doch eher auf den Pentium-200 Mhz???"

 Dick:"Na, man setzt ganz klar auf den 486DX-12, das ist doch offen-
       sichtlich. Das Eisberg-Kühlsystem des Pentium 200 war auf Dauer
       doch etwas kostspielig... und ähm... umständlich. Der 486DX-12
       ist zwar mit einem Preis von $20.000 nicht unbedingt für jeden
       Heimanwender empfehlenswert, also das gebe ich zu, aber trotzdem,
       ist er, ähm, ja."


 Doof:"Aha. Wird der 486DX-12 denn ein RISC-Prozessor oder einer der
       althergebrachten CISCS? Und wie steht es mit der Duokondensal-
       spirituosenleitung? Ist sie auf 256 oder 4096 Bit ausgelegt?"

 Dick:"Also nein, ha ha, köstlicher Witz, Wolfgang, nein, die Busbreite
       des 486DX-12 beträgt genau 128,17221 Bit.Natürlich ist eine 256 Bit-
       Version geplant. Zu den Duokondensalspirituosenleitungen kann ich
       bis jetzt nur sagen, daß sie zweifach kompensiertes Multiphasen-
       Vollduplex mit DSP-Oversampling bieten."

 Doof:"Schön, aber war das nicht eine herbe Enttäuschung? Gerät SchwINTEL
       nicht langsam ins Kreuzfeuer der Kritik?"

 Dick:"Ja, man muß, ähm, sagen, ja, die Juser fühlen sich, wenn ich das
       so banal sagen darf, veräppelt. Da erwarten sie ein vollreziprokes
       Binominalmultitasking, und bekommen nur ein, annähernd, spinatal-
       virtuoses 32 Bit-Direktionalplexingsystem mit nur 48 DMA-Kanälen."

 Doof:"Unglaublich, so eine Unverschämtheit."

 Dick:"Und wir, ähm, wir haben es mal wieder aufgedeckt!"

 (Doof steht auf und taumelt, mit seinen Spickzetteln raschelnd, vom
 Podium vor einen ventilatorgekühlten WOBIS-Laptop, deutet grinsend
 darauf und drückt ein paar Tasten.)


 Doof:"Nun, hier sehen Sie das neueste von der Softwarefront. MS-DOS Version
       4711. Es ist nahezu sensationell, was Hersteller Microsoft dieses
       Mal alles in die neueste Version eingebaut hat."

 (Dick wälzt sich mit der Grazie eines Walfisches ebenfalls vom Podium und
 stolpert schwitzend zum anderen Wolfgang.)

 Dick:" 'Multitasking' heißt das Schlagwort. 'Multitasking', das hat nichts
       mit Multivitaminsaft zu tun, hahaha, nein, ähm, sondern, äh, das
       heißt, daß man mehrere Programme gleichzeitig laufen lassen kann."

 (Dick lässt sich erschöpft in den Stuhl vor dem Laptop fallen und knetet
 die Tastatur mit seinen Fettfingern.)

 Dick:"Ich kann das gerne mal demonstrieren, ähm, also ich hab hier jetzt
       drei Programme gleichzeitig geladen..."

 Doof:"...das ist eine Art Weltneuheit!!!"

 Dick:"Richtig, und jetzt, ähm, also ich habe hier Word 12.1, Lotus-2-4-6
       und Quickbasic gleichzeitig laufen und kann jetzt per Mausklick
       zwischen den Programmen hin und herschalten, sehen sie, ungefähr
       soo..."

 (Dick fummelt ungeschickt mit der Maus herum. Nach drei Sekunden stürzt
 das System ab, der Monitor verdunkelt sich. Schweißperlen stehen Dick
 auf der Stirn.)


 Doof:"Es funktioniert nicht."

 Dick:"Es funktioniert nicht. Es funktioniert tatsächlich nicht. Warum
       funktioniert es jetzt nicht? Kann mal einer von der Technik kommen?"

 Doof:"Das System scheint also, nun ja, leider, nun ja, immer noch nicht
       ausgereift zu sein, nicht wahr?"

 Dick:"Eine wahre Mogelpackung für (zugegebenermaßen) schlappe 2000 DM, die
       wir Ihnen, liebe Zuschauer, trotzdem keinesfalls ans Herz legen
       wollen."

 Doof:"Hmjaa, also neben Multitasking hat MS-DOS 4711 jetzt auch Netz-
       werkfähigkeit. Das hat etwas mit Fischerei zu tun, nicht wahr,
       Wolfgang?"

 Dick:"Richtig, Wolfgang! Netzwerke sind sozusagen die Grundlage für die
       deutsche Fisch-Industrie."

 Doof:"Aber was noch sehr interessant ist, ist 'Doublespace' Version 3.121.
       Das sehr gute Festplatten, ähm, Kompressionsprogramm, ist jetzt
       noch viel besser, nicht wahr?"

 Dick:"Hmmja, sieh mal Wolfgang..."

 (Doof guckt scheinbar interessiert auf den Bildschirm, wo einige
 komplizierte Parametereinstellungen und Tabellen erscheinen.)


 Dick:"...also hier ein Beispiel. Die Festplatte ist ungefähr 1000 MB
       groß, und das ist natürlich zu wenig für ernsthafte Anwendungen
       wie 'Windoof San Francisco' oder 'Axl for Windoof' oder den
       Bildschirmschoner."

 Doof:"Und hier kommt dann 'Doublespace' zum Einsatz und verkleinert die
       Daten. Aber was, Wolfgang, nicht wahr, was ist daran neu???"

 Dick:"Ganz einfach Wolfgang, neuerdings kann Doublespace nämlich Packraten
       von 100% erzielen und alle Programme auf den Nullpunkt schrumpfen.
       Das bedeutet unendlich viel Platz auf der Festplatte!"

 Doof:"Na, das ist ja sensationell. Und wie macht das Programm das???"

 Dick:"Naja, ähm, es löscht einfach alle Programme."

 Doof:"Genial. Ich sage nur: Technische Innovation aus dem Hause Microsoft!"


 (Dick steht auf und wankt zu einem anderen Tisch wo einige Modems
 aufgebaut sind. Die Kamera folgt ihm, die Einblendung DFÜ-Ecke erscheint.)

 Dick:"Also, ähm, hier sind wir wieder in unserer DFÜ-Ecke. Und da kann ich
       wieder tolle Neuigkeiten vorstellen, sozusagen Weltpremiere hier
       in der Sendung."

 (Dick zeigt auf einen Apparat, der entfernte ähnlichkeit mit einem Elektro-
 grill hat.)


 Dick:"Das hier ist das neueste vom Markt, das wirklich allerneueste,
       nicht ganz billig, aber wirklich eine technische Innovation. Aus
       dem Hause SEIXL, in Zusammenarbeit mit WüRGER KING, nun sozusagen
       etwas ganz besonderes. Das 'Mikrowellen-Modem'."

 (Dick öffnet eine kleine Klappe an dem Apparat und legt eine Bockwurst
 hinein.)

 Dick:"Mit dem Mikrowellenmodem kann man warme Speisen durch den heißen
       Draht übermitteln. Man legt hier, ähm, einfach das Essen rein,
       wählt mit dem Computer die Nummer des anderen Modems an, und dann
       kommt das Essen erhitzt im anderen Mikrowellenmodem an."

 (Doof hat am anderen Ende des Studios Platz genommen, wo ebenfalls ein PC
 mit Mikrowellenmodem aufgebaut ist.)

 Dick:"Also, wir ähm werden das jetzt mal versuchen. Ich habe die kalte
      Bockwurst hier..."

 (Kamera filmt die Bockwurst im Modem in Nahaufnahme.)

 Dick:"...ins Mikrowellenmodem gelegt. Bist Du bereit, Wolfgang?"

 Doof:"Klar Wolfgang, schick rüber!"

 (Dick tippt komplizierte Zahlenfolgen auf der Tastatur ein. Ein roter
 Blitz schießt aus dem Mikrowellenmodem.)


 Dick:"Soooo, das Würstchen wird jetzt mit einer Transferrate von
       14.400 Fettmolekülen in Wolfgang's Modem übertragen."

 Doof:"Ja, ich riech` es schon, köstlich, mjam mjam. Da läuft einem
       ja das Wasser im Munde zusammen, nicht wahr..."

 Dick:"So---- jetzt müsste es langsam... angekommen sein!"

 Doof:"Neiin, ich glaube das braucht noch ETWAS Zeit."

 (Dick und Doof sitzen 10 Minuten lang da, werden zusehends nervöser.)

 Dick:"Es klappt nicht."

 Doof:"Kann mal einer von der Technik kommen?"

 Dick:"Ich habe mich gleich gefragt, wie die Wurst durch die Telefonleitung
       passen soll..."

 Doof:"Wir machen jedenfalls weiter mit einem interessanten Film-Beitrag
       von der CeBIT."

 (Das Bild wird ausgeblendet, Messegewühl erscheint. Lautsprecher dröhnen.
 Doof steht, eng an die Kamera gedrückt, und umklammert krampfhaft sein
 Mikrofon.)


 Doof (schreiend):"Wir sind hier mitten im CeBit-Messegewühl, es riecht
      nach frischen Elektroteilen und dem Schweiß von tausenden enthusi-
      astischer PC-Anwender aus der ganzen Welt. Fernab vom Messerummel,
      in einer ruhigen Ecke, hat sich die Firma, ähm, "Popeldore" oder
      wie sie heißt, ach ja, "Commodore", breitgemacht. Und die gehen
      wir jetzt besuchen.

 (In einer ruhigeren, nahezu totenstillen Ecke der Commodore-Stand,
 groß und chaotisch. Ein paar zerdrückte Nesquik-Trinkpäckchen und Amiga
 4000-Werbeblätter machen sich auf dem Boden breit. Kleine Kinder spielen
 an den aufgebauten CD32-Geräten herum; raffen aber nicht, dass es nur
 eine unspielbare Demoversion zu sehen gibt. Etwas größere Kinder stehen
 hinter verschiedenen Commodore-Computern und Schreibmaschinen, adrett in
 ihre Konfirmationsanzüge gekleidet, und sehen sich hilfesuchend nach
 Kunden um. Irgendwo verlassen in der Ecke steht ein angestaubter A 4000-
 Tower. Auf den Stufen zur Präsentations-Theke haben sich zwei Lamer
 mit Baseball-Käppi breitgemacht und mampfen Pizza aus dem Pappkarton.
 Hinter der Theke, genauer gesagt zwischen Theke und Wand gequetscht,
 steht Dr. Peter Kittel, mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen.)


 Doof:"Das hier ist Herr Quittel..."

 Dr.K:"Kittel!"

 Doof"...genau, Herr Tittel aus dem Hause Commodore!"

 Dr.K:"Hi Freaks! Ich habe hier tolles SeaQuest-Infomaterial, wenn ihr
       wollt. Und Gummibärchen!"

 Doof:"Wir kamen eigentlich eher wegen der technischen Neuvorstellungen."

 Dr.K:"Wegen WAS???"

 Doof:"Technische Neuvorstellungen."

 Dr.K:"Aha.. Soso.. Naja. Da hätten wir erstmal das EMPECK-Modul für
       das CD32!"

 Doof:"CD32, das ist doch ihr sehr erfolgreicher Amiga-Spielcomputer mit
       CD-Laufwerk, nicht wahr?"

 Dr.K:"Ja, irgendwie sowas ist das."

 Doof:"Und was macht dieses EMPECK Modul?"


 Dr.K:"Man kann es hier, hinten, in das CD32-Gerät einführen und sich dann
       tolle Videofilme von CD ansehen! Hier läuft zum Beispiel gerade
       'Die Heinzelmännchen im Wunderland', ein wirklich ganz toller
       Film für die jüngere Kundenschicht..."

 Doof:"Und was ist mit dem Amiga 4000 Tower?"

 Dr.K:"Ach der, der steht da drüben."

 Doof:"Führen sie mich hin?"

 Dr.K:"Nöö, ich will mich nicht bewegen, immer links halten, den finden
       sie schon."

 Doof:"Danke für das Gespräch, Herr Mittel."

 Dr.M:"Kittel. DOKTOR Kittel."

 Doof:"Gut Professor Little. Danke."

 (Doof geht rüber zum Amiga 4000 Tower.)

 Doof:"DAS HIER ist das Zugpferd von Commodore. Der Amiga 4000 im
       Towergehäuse. Der am weitesten entwickelte Spiele-Computer, der
       derzeit auf dem Markt ist."


 (Doof wird von einer Horde aufgebrachter Amiga-Fans, die etwas wie
 "Lügner" und "Verräter" rufen, mit Hämmern und Äxten totgeknüppelt.
 Danach: Rück-Blende ins WDR-Studio.)

 Dick:"Toller Auftritt, Wolfgang, die mochten Dich da richtig."

 Doof:"Klar sicher, die freuen sich immer, wenn einer vom WDR-Computerclub
       vorbeischaut."

 Dick:"Und was macht unser Mikrowellenmodem?"

 Doof:"Klappt nicht."

 Dick:"Na egal. Dann machen wir Schluss für heute!"

 Doof:"Aber sicher. Also, liebe Zuschauer, in drei Wochen, wenn sie
       wollen und können, schalten Sie doch wieder ein! Wir bieten ihnen
       dann ein tolles Interview mit A. Mc Intosh von Apple Macintosh,
       einen Bericht über CD ROMs und die Vorstellung des Amiga 5000."

 (Ausblende, Dick & Doof verlassen plaudernd das Podium, während die
 Kamera zurückfährt und der Schriftzug "Hergestellt vom WDR, - 1994
 erscheint.)