Ketzerbach nun ohne Bäume

Marburg, Anfang April 2006: Im Rahmen der Umgestaltungsmaßnahmen an der Ketzerbach wurden dort kürzlich sämtliche Bäume beseitigt. Die zweigeteilte Straße im Schatten der Platanen galt für mich stets als eines der Wahrzeichen Marburgs, dessen gemütliche Idylle sogar vergessen ließ, dass es sich um eine Hauptstraße handelt. Aber warum mussten die Bäume weichen?

Der Umbau der Ketzerbach gliedert sich in eine Reihe begonnener Bauvorhaben. Neben dem gelegentlichen Hochwasser an der Lahn sind vielen Nordstädtern die Wassermassen bekannt, die bei sintflutartigen Regenfällen aus dem Stadtteil Marbach in die Ketzerbach hinab fließen. Bei diesen Ereignissen ist die Feuerwehr regelmäßig im Einsatz.

In Marbach wurde bereits 2003 ein Regenrückhaltebecken gebaut, um eine verlangsamte Zuführung des Regenwassers in den unterirdisch verlaufenden Ketzerbach zu gewährleisten. Neben diesem gibt es separate Schmutzwasserkanäle. Beide Systeme stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen und sind erneuerungsbedürftig.

Da der Straßenbelag durch die starke Beanspruchung des Lastverkehrs zu den Behring-Werken ebenso erhebliche Mängel aufweist, lag eine Komplettsanierung von Straße und Versorgungssystem nahe. Die Platanen als Ahorngewächse stören hier in zweifacher Hinsicht: Sie gehören zu den Flachwurzlern, womit sie einerseits die Bauarbeiten behindern, andererseits langfristig Straßen und Erdreich mit ihren Wurzeln anheben und zerstören.

Kein Respekt vor Bäumen?

Es braucht schon ein paar Jahrzehnte, bis ein Baum so stattlich herangewachsen ist, dass er Schatten und Harmonie spendet. So will die Entscheidung, einen Baum zu fällen, gut durchdacht sein. Die Luftfilterung hingegen ist bei den geringen Stückzahlen innerhalb der Stadt wohl eher zweitrangig.

Zu Beginn der Baumfällarbeiten am vergangenen Dienstag zeigten sich einige Demonstranten, was die Arbeiten der Stadt allerdings nicht aufhielt. Die Polizei sorgte im weiteren Tagesverlauf für eine konfliktfreie Baustelle. Anwohner und Fußgänger hielten am Straßenrand inne und beobachteten die Vorgänge.

Bereits am Mittwochnachmittag waren alle Bäume verschwunden. Von der Einmündung der Wilhelm-Roser-Straße aus fällt der Blick in Richtung Elisabethkirche nunmehr auf Teerstraße und Häuserfassaden. Der einst verträumte Weg wirkt langweilig und kahl. Soll es so auch in Zukunft aussehen?

Der Umbau geht weiter

Die umfangreiche Neugestaltung der Ketzerbach sieht eine bessere Anpassung an die Verkehrssituation vor: Straße und Bürgersteig werden verbreitert und beidseitig werden Radwege angelegt. Statt der breiten Mittelinsel mit Bäumen und Parkplätzen soll demnächst ein weniger breiter Wasserlauf die Fahrspuren trennen und eine Sichtlinie zur Elisabethkirche herstellen. Neue Bäume werden an den Fußwegen gepflanzt.

Durch den Ausbau zum Boulevard eröffnen sich auch für Straßencafes und Läden neue Möglichkeiten. Die geplanten Fußgängerüberwege schließen sich an die Durchgänge nach Zwischenhausen an. Im Osten wird derweil am Umfeld der Elisabethkirche gearbeitet. Pünktlich zum Elisabethjahr 2007 wird sich die Nordstadt Marburgs somit in einem frischen neuen Gewand präsentieren.

Manuel Haim, 09-Apr-2006
Links zu www.marburg.de:
Beginn der Arbeiten
Umgestaltung der Ketzerbach
Kanal- und Straßensanierung Marbacher Weg


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