Auf den Spuren des Schimmelreiters

Zu einer Deichführung mit Lesung aus Theodor Storms „Schimmelreiter“ lud die Schutzstation Wattenmeer e.V. am alten Schöpfwerk Arlau herzlich ein. Unter fachkundiger Leitung einer FÖJ’lerin spazierten wir als kleine Gruppe auf dem Deich los in einen schaurig-schönen Abend.

Mit dem Rad unterwegs nach Hattstedt

45 Radminuten nördlich von Husum, am Rande der Hattstedter Marsch hin zum Beltringharder Koog, befindet sich die Station „Arlau Schleuse“, bei der unsere Führung begann. Hier wurde einst ein elektrisches Schöpfwerk betrieben, um das Land hinter dem Deich zu entwässern. Das Schöpfwerk zog dabei soviel Strom, dass der ganze Ort kein Licht mehr hatte.

Heute ist dies nicht mehr nötig, denn der alte Deich ist inzwischen längst durch einen stärkeren Vordeich abgelöst und von Maulwürfen und Disteln bevölkert. Normalerweise würde man die Maulwürfe entsprechend vergiften, da sie den Deich durchlöchern und somit instabil machen. Und Disteln sind aufgrund ihres Wurzelwerks problematisch für den Deich, da sie, sofern sie einmal vom Wasser weggespült werden, gleich einen ganzen Klumpen Erde mitreißen.

Hier fließt die Arlau durch den alten Deich ins Wattenmeer
Blick in den Beltringharder Koog (Marschland mit Vordeich)

In dieser Gegend ist auch die Novelle „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm angesiedelt, die dieser im April 1888 wenige Monate vor seinem Tod vollendete – und in die wir uns nun in mehreren Etappen und Auszügen entführen ließen.

Sonnenuntergang auf dem alten Deich beim Schöpfwerk Arlau

Storm erzählt darin die fiktive und tragische Lebensgeschichte vom Einzelgänger Hauke Haien, der vom Sohn eines Landvermessers zum Stallknecht bis hin zum Deichgrafen aufsteigt. Er gründet eine Familie und konzipiert einen neuartigen, besonders flach ansteigenden Deich, der als besserer Schutz vor künftigen Sturmfluten dienen soll.

Der Deich wird gebaut und hält der nächsten Sturmflut stand, und dennoch nimmt es mit Hauke Haien, seinem weißen Schimmel und seiner kleinen Familie ein trauriges Ende.

Blick ins Land – dutzende rot blinkende Windräder

Im Dunkel und mit Taschenlampe kehrten wir, noch in Erinnerungen an den Schimmelreiter und die Schulzeit schwelgend, zurück zum Ausgangspunkt. Mit einer Spendenbüchse wurden wir schließlich humorvoll um unseren Obolus gebeten und in die hohe Kunst des kontaktlosen Bezahlens eingeführt (berührungsfrei und ohne Rückgeld), wovon wir selbstverständlich rege Gebrauch machten. Ein schöner sonniger Tag und eine tolle Führung gingen zu Ende, und wir verabschiedeten uns gut gelaunt in die Nacht.

Kleine Kletterübung zum Schluss
Auf dem Heimweg